Vorbemerkung: Im Jahre 1904 zog in Bensberg der erste Karnevalszug durch die Straßen. Bemerkenswert ist dabei festzuhalten das dieser Umzug neben dem Rosenmontagszug in Köln und nach allgemeinen Kenntnisstand auch der erste Karnevalszug außerhalb Kölns und des Kölner Umlandes war. Dieser erste Karnevalszug in Bensberg hat indirekt eine Vorgeschichte die mit der Gründung der ersten Bensberger Karnevalsgesellschaft die im Jahre 1973 gegründet worden war. Bevor der erste Karnevalszug starten konnte, gab es auf dem Schloßberg schon jahrzehntelang karnevalistische Aktivitäten. Wie der Bensberger Karneval mit vielen Höhen und Tiefen zu seiner heitigen Größe herangewachsen ist, hat der Karnevalsforscher Willi Fritzen, in mehreren eindrucksvollen Broschüren für die Nachwelt festgehalten. In diesen Broschüren erfährt der interessierte Leser viele interessante Details wie sich der Karneval in Bensberg entwickelt hat. Der närrische Brückenschlag von Köln nach Bensberg begann langsam aber stetig nach der Eröffnung der Eisenbahnverbindung zwischen Bensberg und der Domstadt seit dem Jahre 1870. Neben den neuen Einkaufsmöglichkeiten reisten die Bensberger Bürger auch immer häufiger zu kulturellen Veranstaltungen nach Köln. Ebenso besuchten Bensberger Gäste auch Karnevalsveranstaltungen in Köln. Vom kölschen Karnevalsbazillus infiziert sagten sich die Bensberger: "Wat die Kölsche künne, dat künne me och" Um diese Behauptung beweisen zu können, mußte etwas unternommen werden, und eben das wurde am 17.Januar 1904 getan. Das war ein Sonntag, ein Tag also, an dem man viel Zeit hatte. Die Bensberger Karnevalsgesellschaft, die sich, der "Kleine Rat" nannte, traf sich im Lokal des Herrn Otto Wessel und beschloß dort auf "Fastnachtdienstag einen Umzug zu veranstalten" Die damals recht gut besuchte Veranstaltung wählte auch gleich einen Vorstand, der die Vorbereitungen "in der Sache" treffen sollte. Bensbergs Bevölkerung teilte indessen den Optimismus der Karnevalisten in keiner Weise. Man hegte ganz einfach Zweifel, das ein solch großer Zug auch gelingen würde, und man hielt das Ganze für eine "Schnapsidee". Andere hatten rein persönliche Bedenken und ließen in die Zeitung setzen, "daß jede Rohheit und alles, was für irgend jemand beleidigend sein könnte fernzubleiben hat". Damit waren die Fronten klar. "Der kleine Rat" aber ließ sich nicht beirren. Er traf sich am Donnerstagabend am 28. Januar "im Lokal des Herrn Klein" der sein Gastzimmer mit Girlanden und karnevalitischen Abzeichen prächtig geschmückt hatte. Zunächst sollte das "Zugprogramm" festgelegt werden, wobei sich schon zu Beginn die Sensation ergab, das auch der "Bensberger Turnverein" bereit war, beim Zug mitzuwirken. Deshalb begann man sogleich mit "dem gemütlichen Teil" der absichtlich in die Länge gezogen wurde. Der Präsident hieß nämlich Franz und sein Namenstag begann um Mitternacht. Vom Schluß des Festes fehlen die Nachrichten. Jedenfalls mußte "Der kleine Rat" für Dienstag, den 2. Februar 1904, erneut eine Versammlung "beim Gastwirt Wilhelm Burgmer" einberufen, "um einen endgültigen Beschluß betreffs der Zugordnung zu fassen" Aber dazu kam es auch diesmal nicht. Obwohl das Lokal "ein echt karnevalistisches Gepräge" hatte, war "Der kleine Rat" sauer. Das kam daher, weil sich in Bensberg zwei neue Karnevalsgesellschaften gebildet hatten, die sich sinnigerweise "Der große Rat" und "Der höchste Rat" nannten. "Der große Rat" mußte akzeptiert werden. Bei "Der höchste Rat" aber ging das Gerücht um, den gebe es gar nicht, ein Spaßvogel habe "Den kleinen Rat" nur "auf die Schüppe nehmen" wollen. Das Gerücht wiederum wirkte beruhigend, weshalb man doch noch "den Humor zur Geltung kommen" ließ. Dazu gehörte es, die Karnevalsmusik von 1904, zu schmettern. Man sang damals die schönen Lieder: "Die Zupp, die hät ene Beigeschmack"
"Dat sagen ich minger Mutter"
"Huh, wenn dat die Mama süht"
und immer wieder den Schlager der Session:
"Dat dunn mir us Gefälligkeit, do welle mir nix für han"
Was blieb dem "Kleinen Rat" anders übrig, als für Sonntag den 7. Februar 1904, noch eine Versammlung einzuberufen. Diesmal traf man sich "abends um 8 Uhr 11 Minuten im Lokal des Herrn Gieraths". Auch dort fanden die Karnevalisten "einen schön dekorierten Saal" vor - und in ihm gelang es endlich , das "Zugprogramm" zusammenzustellen: Es beteiligten sich "Der Bensberger Turnverein, "Der Kleine Rat" und "Der Große Rat" Aus allen Mitteilungen ging hervor, das man "allseits mit dem Bau der Wagen schon begonnen hat" Es war auch höchste Zeit. Nachdem "der Zug endlich stand" konnten die Feiern beginnen. Dazu lud "Der Kleine Rat" für Karnevalssamstag, den 13. Februar, in das Lokal "bei Gastwirt Mödder" ein. "Der Große Rat" hielt am Karnevalssonntag, den 14. Februar "im Saal des Herrn Peter Schäfer" eine Sitzung "mit Damen" und der "Turnverein" gab ebenfalls am Sonntag "eine turnerische - karnevalistische Vorstellung". Jetzt mußte man "nur noch zweimal schlofe" dann war es soweit. Am Dienstag, den 16. Februar im Jahr des Heils 1904, nachmittags 2 Uhr" begann der Zug "Das Wetter war zimlich zweifelhaft, aber ab und zu spendete die Sonne freundliche Strahlen" Dadurch kam es, "das mehrere Tausende von auswärts erschienen" was die Bensberger naturgemäß freute. "Zimlich pünktlich" setzte sich der Zug vom Markt in Bewegung. Er wurde eröffnet von "zwei Armen der Gerechtigkeit aus dem Jahre 1417 vor Christi Geburt" Ihnen folgten "drei schneidige Reiter" wobei es sich um die vorsintflutlichen Herolde Sepp, Flachs und Knacks handelte. Hinter diesen kam die ersehnte Musik in der Gestalt der "Musikkapelle Arion" und der erste Wagen. Auf ihm befand sich "der Finsterwalder Gesangverein Halbe Lunge" und der Wagen selbst wurde von einem "elektrischen Blitzmotor" getrieben. Für ganz großen Spaß sorgte der "Turnverein" der jetzt mit seinem "direkt aus Nordamerika importierten Cirkus Barnum & Balley" auf der Bildfläche erschienen. Dazu gehörten 16 Fahnenschwenker; 6 Beduinen mit Waffen, Akrobaten, Trapezkünstler, "eine Seiltänzerin" Clowns und Pantominen, Dem Zug angeschlossen waren einige"Gymnastiker mit einer Huldigung für Turnvater Jahn" Den Abschluß der Gruppe bildete die "konservatorisch gebildete Musikkapelle" die Musik auf "Pappdeckeln" machte. Mit einem großen "Achtung" schob sich die nächste Gruppe heran. Sie wurde eröffnet vom "Bensberger Oberhof - und Stallmeister", der "auf der frommen Liese" ritt. Gleich hinter ihm erschienen die Wagen des Prinzen Karneval und des Präsidenten. Prinz war der Ökonom der Preußischen Kadettenanstalt die sich im Schloß befindet, - Herr Georg I. Rößler. Präsident war Franz Wessel. Prinz und Präsident "wurden immer wieder durch jubelnde Zurufe begrüßt". Damit war der Zug noch lange nicht am Ende. Erst kam einmal der Wagen mit einer großen Flasche, der "Magenwärmer Hartmann". Dahinter mimten "drei Engel" eine Schwarzkünstlergruppe" wobei sie "Fridolin dem erblich Belasteten" unmittelbar voraus ging.Der Wagen "Fridolins" trug den Untertitel" Bazillen und Fuseldunst", ausgeführt vom "Seifengespenst" Zur Abwechslung zeigten der "indische Fakir und Schlangenbeschwörer Ohmeinzahn und seine Begleiter Mambo und Zomba" sodann "Mister William Francesco, der Heringsbändiger" ihre Künste. Ihnen schloß sich eine "ungarische Zigeunerfamilie" an, angeführt von "Hermann Jamos mit seinem dressierten Wunderbären Tünnes" und die Bensberger erlebten "eine echte Zigeunerhochzeit in drei Aufzügen, drei Abzügen und drei Klimmzügen". Den Schluß sollte ein auf Zukunft ausgerichtetes Bensberger Unternehmen, "die alkoholische Wasserleitung AG in spe" bilden, aber - was nicht geplant war - auch die Refrather beteiligten sich am Zug. Sie hatten auf ihrem Wagen "die Steinbreche" aufgebaut. Die Erwähnung der Refrather wurde dann am Aschermittwoch auch promt "vergessen", auf Refraths Einspruch wurde das später nachgeholt.
Diesen Text entnehme ich einer Veröffentlichung im Jahre 1995, und wurde von Dr. Gerd Müller, nacherzählt und gefertigt ) Nachtrag: Seit 1904, bis Stichtag 2012, wurden abzüglich der Jahre der zwei Weltkriege, der Nazijahre sowie der Notjahre nach den Kriegen ( weil keine Umzüge stattgefunden haben) insgesamt 72 Karnevalszüge durch die Schloßstadt Bensberg organisiert und durchgeführt. Leider ist uns von diesem 1. Bensberger Karnevalszug nur 1. Foto erhalten geblieben. X
Karnevalistische Aktivitäten zwischen 1904 bis 1914
Zwischen 1904 bis 1914 fanden 8 Ümzüge statt.
von Willi Fritzen
Obwohl 1904 und 1905 prächtige Karnevalszüge durchgeführt worden waren, sollte es 1906 eigentlich so weiter gehen, aber dem war nicht so. Zunächst war es das fehlende Geld in den Kassen der veranstaltenden Gesellschaften, denn offensichtlich hatte die Spendenbereitschaft wie dies in den beiden Jahren zuvor der Fall war, nachgelassen. Angesichts dieser Tatsache waren sich die Organisatoren mehrheitlich einig, dass sollte ein erneuter Umzug stattfinden dieser mit dem vorjährigen Gebotenen zumindest konkurieren müsse, wollte man nicht das Rüsemee für spätere Jahre verderben. Aber es gab noch einen anderen weit wichtigen Grund das der Umzug 1906, nicht stattfinden konnte. Im Januar 1906, fiel die Silberhochzeit des Kaiserpaares in die Karnevalszeit. Und genau dies war der Grund, dass dem Karnevalstreiben einen Riegel vorgeschoben wurde. Anläßlich dieser "Silberhochzeit Ihrer Majestät des Kaisers und der Kaiserin" erließ der Landrat für den Kreis Mülheim ( Bensberg gehörte bis 1932 zum Kreis Mülheim) eine Verfügung wonach alle anderen Feste untersagt waren. Alle Karnevalsveranstaltungen mußten auf die "drei tollen Tage" beschränkt bleiben. Dennoch gelang es der KG "Grosser Rat" einen "Mini- Zug" zu organisieren. 1907 und 1908 fanden keine Ümzüge statt, dessen Gründe mir nicht bekannt sind. Dabei sollte man auch bedenken das ein Großteil unserer Vorfahren treue Anhänger der Monarchie waren, und z.B. der Geburtstag seiner Majestät des Kausers und des Königs Wilhelm II. der fast immer mitten in die Karnevalszeit fiel , den Karnevals-Terminkalender beeinflusste. Und es gab noch einen anderen Grund zu bedenken, den die Preußen, die neuen Herren im deutschen Westen, waren Protestanten, die ohnehin dem Karnevalstreiben sehr reserviert gegenüber standen. Wen wundert es da, wenn den Herren aus Berlin der rechte Sinn für christlich- katholische Fröhlichkeit abging. Man wittere im närrische Treiben demagogische Umtriebe und schlimmeres, man nahm übel, was gut gemeint war. Und noch ein weiterer Umstand ist von 1907 zu vermelden, denn mitten in die Karnevalstage fanden am 25. Januar auch noch die Reichstagswahlen statt, und nach einem Bericht in der "Bensberger Volkszeitung" herrschte ein siebirische Kälte, die sich lähmend aufs ganze Land gelegt hatte. 1909 und 1910 gab es dann hier in Bensberg wieder je eine Prinz Karneval und je einen Karnevalsumzug am Veilchendienstag. In den nun folgenden Jahren 1911 - 1912 - 1913 ist der närrische Terminkalender von Bensberg wieder voll gespickt mit Sitzungem und Bällen und natürlich den jährlichen Karnevalszug. Die einzige Informationsquelle des Ortes war zur damaligen Zeit die "Bensberger Volkszeitung" die auch im Ort Bensberg gedruckt wurde. Eine wichtige Einnahmequelle einer jeden Zeitung sind die dort abgedruckten Anzeigen. Beim genauen Hinschauen fällt auf, das einige Gesellschaften und Vereine reichlich, und andere Gesellschaften und Vereine fast überhaupt keine Werbeanzeigen geschaltet haben. Über diese Vereinigungen wird soviel wie nichts berichtet. In einer früheren Verlautbahrung ließ der Herausgeber der Zeitung den Vereinen die Mitteilung zukommen, nur wer inseriert, über deren Veranstaltungen wird auch im Textteil berichtet. Obwohl im Jahre 1914 über Karnevalsveranstaltungen berichtet wurde, steht nicht eindeutig fest, ob auch ein Karnevalszug stattgefunden hat. Jedenfalls fand ich keinen Hinweis hierzu. Denn im Verlauf des Jahres 1914, verdüsterte sich der politische Hintergrund in Deutschland mit der Mobilmachung und dem Kriegsausbruch, die dem karnevalistischen Treiben ein jähes Ende bescherte. Nachtrag: Trotz intensiver Suche konnte ich nur von vier Karnevalsumzügen auch Fotos auftreiben. Da liegt vermutlich auch an der Tatsache das die Fotografie noch nicht so sehr verbreitet war, und Fotos, wenn überhaupt, noch mit unhandlichen schweren Kaneras die auf einem Stativ montiert werden mussten, angeferigt wurden. Sicherlich ist auch das eine oder das andere Foto über die Jahrzehnte verloren gegangen. Es gab früher mit Sicherheit auch noch keine Archive wo solche Fotos aufbewahrt wurden. Nur durch meine persönliche Suche und Sammelleidenschaft sind diese Fotos für die Nachwelt gerettet worden.